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2014_stereo RG9 HD

Duisburger Sinfonie: Symphonic Line steht seit Jahren für handgefertigtes High End und superbe, sinnliche Klangeigenschaften. STEREO setzt sich mit der „HD"-Version des Erfolgsmodells RG 9 auseinander

Das Duisburger Unternehmen Symphonic Line kann auf genau drei Jahrzehnte HiFi-Geschichte zurückblicken. Ein unumstrittener Star im Portfolio handgearbeiteter Preziosen ist der RG 9, ein stattlicher Vollverstärker, dessen Name pragmatisch für „Rolf Gemein 9" steht. Und tatsächlich gilt dieses Gerät allenfalls neben dem ähnlich legendären ASR Emitter - als Inbegriff des High End-Verstärkers deutscher Provenienz. Symphonie Line-Master-mind Rolf Gemein, der einst mit der Marke „Vernissage Laboratorium" die High End-Bühne betrat, geht die hohe Kunst der Klänge nicht nur mit konventionellen, physikalisch-technischen Mitteln an. Vielmehr ist er seit Jahrzehnten ein Anhänger fernöstlicher Philosophie und Künste: ,,Yin und Yang in Harmonie."
Dass die zehn Millimeter dicken und gravierten Frontplatten seiner Kreationen so ruhig und zeitlos, die Fernbedienungen dagegen ausgewogen bunt gestaltet sind, hat seine Gründe. Hinzu kommt eine punktuelle Schwingungsoptimierung (,,Resonanzmusterabstimmung") der Geräte im Innern, wo man etwa abgerundete Kanten, kleine Bitumenmatten, C 37-Geigenlack oder einen Gummi-/Kneteklecks auf einem Bauteil findet. Das soll das Gerät „harmonisieren" und vermeiden, dass sich Vibrationen über die Bauteile dem Musiksignal überlagern und schlimmstenfalls mitverstärkt werden. Gemein spricht gar zusätzlich von „quanten-basierter Formatierung."

Bilderbuch-Verstärker
Unter der Motorhaube befindet sich ein sorgfältig und klassisch aufgebauter Verstärker mit bestens beleumundeten Bauteilen, kräftiger Stromversorgung samt einem Mu-Metall-gekapselten, vakuum-getränkten 450-VA-Ringkern und durchdachter Schaltungstopologie. Auch Phono-MM/MC ist mit an Bord. Jedes Bauteil, die innere Aufteilung und sogar manche Schraube soll das Ergebnis umfassender Hörsessions sein.
Eine Klangregelung wird - da signalwegverlängernd - nicht geboten, aber eine Monitorschaltung für Tapes, was bei Großserienherstellern längst aus der Mode gekommen zu sein scheint. Vier großzügig dimensionierte Knöpfe zieren die Front. Nicht etwa symmetrisch, eher im ,,goldenen Schnitt" angeordnet. Links der Netzschalter, daneben die Eingangswahl, dann der Aufnahmewahlschalter und rechts der nur dezent größere Lautstärkesteller.
Für die auf der Reference- Version basierende HD-Ausführung seines besten einteiligen Vollverstärkers RG 9 HD - der RG 10 verfügt über ein externes Vorstufen-Netzteil - schöpfte Gemein aus dem Vollen. So hat diese Version dem „normalen" RG9 (inklusive Reference) und RG 14 (inklusive Edition) spezielle, neue - und kostspielige - Impulskondensatoren voraus. Zudem will Gemein den HD ,,komplett neu" abgestimmt haben. Insbesondere bezüglich des Ausschwingverhaltens soll er Maßstäbe setzen.

Nun, ,,komplett neu" wäre angesichts der Güteklasse der hochmusikalischen kleineren Modelle fast schade. Und so ist es dann auch nicht. Aber der „HD" ist tatsächlich eine Klasse für sich, wenn es um Aspekte des Timings geht. Also Rhythmik, Impulsivität, Fluss und Räumlichkeit. Die Dreidimensionalität, die Darstellung der räumlich-zeitlichen Beziehungen, sind beispiel haft. Diese Verstärker zählen seit jeher zu den stimmigsten überhaupt. Mühelos und fein, aber eher ganzheitlich als bis in die Kapillaren von hauchzarten Details ausgeleuchtet, zelebriert der HD die Musik, serviert grandios Cara Dillon, Mahler oder Metallica. Dabei zeichnet UND malt der RG 9 ein schnelles, wuchtiges und farbenprächtiges Klangbild mit einem abgrundtiefen, sauberen Bass und zauberhafter Mitten-und Hochtonwiedergabe in den Raum.
Sowohl die jüngste Generation des RG 9 (Mk IV Reference) als auch des RG 10 lässt sich zum fairen Upgrade-Preis von 1000 Euro auf den „HD" -Standard hieven, für ältere Amps kann man nachfragen. Dies dürfte - und sollte - für stolze Besitzer dieser Vollverstärker höchst interessant sein. Das hier ist ein Verstärker, der wirklich Musik macht.

Tom Frantzen